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Gewohnheiten: Die ultimative Liste der Zahlen und Fakten

Unsere Gewohnheiten bestimmen maßgeblich unser Leben. Im Guten wie im Schlechten. Wer versucht sie zu ändern oder andere dabei unterstützt findet hier Zahlen und Fakten, um realistische Entscheidungen zu treffen.

Dabei beziehe ich mich vor allem auf wissenschaftliche Studien und Befunde aus der Psychologie und den Neurowissenschaften.

Typische Fragen werden beantwortet, wie…

Auch zeige ich worauf es ankommt, wenn wir auch unter Druck feste Gewohnheiten abrufen wollen.

Gewohnheiten: Die Ultimative Liste der Zahlen und Fakten

Was sind Gewohnheiten?

Gewohnheiten sind die Fingerabdrücke des Charakters.

– Friedrich Nietzsche

Eine Gewohnheit ist etwas, das wir jeden Tag tun, wie das Zähneputzen. Also etwas, das wenig oder kein Bewusstsein verlangt.

In der Psychologie, definieren wir eine Gewohnheit als eine Handlung, die wir in ähnlichen Situationen immer wieder nahezu automatisch abrufen. Wir fliegen sozusagen auf Autopilot.1

Wer beispielsweise wiederholt Pizza oder Hamburger zum Abendessen isst verbindet sie wahrscheinlich mit dem Feierabend. Die Fahrt nach Hause könnte dann bereits Gedanken an Pizza und Hamburger hervorrufen – und (gesündere) Alternativen ausschließen.

Gewohnheiten in vier Phasen

Autor Charles Duhigg benennt drei Phasen bei Gewohnheiten: (1) den Auslöser, (2) die Routine und (3) die Belohnung.2

Nir Eyal, Autor von »Hooked: How to Build Habit-Forming Products«, fügt eine Phase hinzu. Direkt nach dem Auslöser, »kramt unser Gehirn in alten Erfahrungen«, um zu bestimmen welche Verhaltensoptionen am besten für uns sind. Das zeigt sich im Verlangen (oder auch Ablehnung einer Situation).

In unserem Beispiel ist der Feierabend der Auslöser (das Verlangen steigt), die Zubereitung von Burger oder Pizza die Routine und das deftig-fettige Abendessen die Belohnung.

Die Belohnung spielt eine entscheidende Rolle. Dazu Gerhard Roth, Biologe und Hirnforscher:

Der Erwerb von Gewohnheiten [ist] eine Art operante oder instrumentelle Konditionierung (also positives oder negatives Verstärkungslernen). Die meisten Gewohnheiten gehen auf das mehrfache Wiederholen anfänglich bewusst durchgeführter Handlungen zurück, die eine positive Konsequenz hatten oder halfen, negative Konsequenzen zu vermeiden, und dann zur Routine wurden. Andere Gewohnheiten und auch sogenannte Marotten bilden sich aus, ohne dass uns dies überhaupt bewusst ist.

– Gerhard Roth & Alica Ryba (Coaching, Beratung und Gehirn)

Die zeitgleiche Anwesenheit von Auslöser und Routine ermöglichst die Verknüpfung zwischen den beiden und damit eine Tendenz zum automatisierten Verhalten, wodurch wir unseren Kopf für anderes frei haben.3

Das ist nützlich, wenn unsere Gewohnheiten mit unseren Zielen übereinstimmen. Tun sie das nicht, stören sie, rauben uns Zeit, Energie und schädigen oft auch unsere Gesundheit.

Schätzungsweise sind 45% unserer täglichen Handlungen Gewohnheiten, so David T. Neal und Kollegen.4 Bas Verplanken nennt eine Spanne von 30 – 50%.

Die Definitionen von Gewohnheiten variieren. Es gibt aber Einigkeit in drei Punkten:

  1. Wiederholung ist ein Kernelement,
  2. es gibt einen hohen Grad an Automatisierung (d.h. wir »laufen auf Autopilot«, sparen kognitive Kapazitäten) und
  3. unsere Gewohnheiten werden durch situationsabhängige Faktoren, wie bspw. den Wecker, eine bestimmte Uhrzeit oder Langeweile ausgelöst.5

Damit wissen wir was eine Gewohnheit ist. Weiter zur nächsten Frage.

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Wie lange dauert es bis sich eine Gewohnheit bildet?

Niemand braucht unrealistische Erwartungen. Daher hier die Zahlen zur Dauer von Verhaltensänderungen.

»Unser Autopilot übernimmt im Schnitt nach 66 Tagen, wenn wir eine neue Gewohnheit schaffen wollen.«

Ist es schlimm, wenn ich einen Tag verpasse?

  • Um diese Frage zu beantworten kann man die Beteiligung des «Autopiloten» vor und nach einem verpassten Tag verglichen. Wer nach einem verpassten Tag direkt weiter machte hat laut Phillipa Lally verschwindend kleine Nachteile.10
  • James Clear rät daher, möglichst nur einmal auszusetzen:

Never miss twice!

– James Clear
  • Ein Tag ist kein Hindernis, eine Woche aber schon!

Soviel zu einfachen Gewohnheiten unter Normalbedingungen. Neue Strategien unter Druck abzurufen dauert länger.

Gewohnheiten: Die Ultimative Liste der Zahlen und Fakten

Handeln unter Druck

Stress, Leistungsdruck und Zeitdruck sind für viele vertraute Begleiter – bei der Arbeit und privat. Wer in diesen Situationen zuverlässige neue Gewohnheiten ausbilden will muss wahrscheinlich den langen Weg des bewussten Lernens gehen.

Neue Strategien müssen mindestens ein viertel bis ein halbes Jahr andauern, bis sie zu neuen Gewohnheiten geworden sind.

– Frederick H. Kanfer

Wer sich dieser Stufen bewusst ist wird nicht so schnell überrascht und bleibt eher am Ball. Auch kann man sich überlegen wie schwere Situationen oder gar Rückschläge bewältigt werden.

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Was uns Gute Vorsätze lehren?

Ob Vorsatz mit oder ohne Jahreswechsel, Statistiken zu Neujahrsvorstätzen liefern Hinweise zu Erfolgschancen.

Gute Vorsätze für 202015

•    Stress vermeiden oder abbauen (64%)
•    Mehr Zeit für Familie / Freunde (64%)
•    Umwelt- bzw. klimafreundlicher verhalten (64%)
•    Mehr bewegen/Sport (56%)
•    Mehr Zeit für mich selbst (53%)
•    Gesünder ernähren (53%)
•    Abnehmen (36%)
•    Sparsamer sein (31%)
•    Weniger Handy, Computer, Internet (27%)
•    Weniger fernsehen (20%)
•    Weniger Alkohol trinken (15%)
•    Rauchen aufgeben (11%)

Was aus diesen Vorsätzen in der Regel wird, zeige ich im nächsten Abschnitt.

Wie lange Vorsätze anhalten?

233 Deutsche wurden befragt wie lange sie ihre Vorsätze in den vergangenen Jahren einhalten konnten:16

Das heißt, nur jeder Fünfte ist erfolgreich.

Gut ist der Vorsatz, aber die Erfüllung ist schwer.

– Johann Wolfgang von Goethe

Was fehlt Neujahrvorsätzen?

Psychologisch betrachtet muss man hier zwischen dem bloßen Wunsch und dem absoluten Wollen unterscheiden. Neujahrvorsätze zeigen oft nur einen Wunsch. Das unbedingte Wollen hingegen geht mit starken Emotionen, Entschlossenheit und Willenskraft einher.17

Einen weiteren Grund für diese geringe Erfolgsquote sieht die Psychologin Janet Polivy in «falscher Hoffnung».

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Falsche Hoffnung: Wenn wir glauben Gewohnheiten zu ändern wäre leicht

Es gibt vier typische Denkfehler, die wir begehen, wenn wir etwas verändern wollen. Janet Polivy nennt sie das »Syndrom der falschen Hoffnung«.18

Wir überschätzen die (1) Schnelligkeit, (2) Leichtigkeit, (3) das Ausmaß und (4) die Auswirkungen auf andere Lebensbereiche, wenn wir etwas verändern wollen.

Die folgenden Zahlen und Statistiken werfen die Fragen auf ob man eher verwundert sein sollte warum es so schwer ist sich zu ändern, oder wie es kommt, dass die Leute es immer wieder versuchen, so Janet Polivy und C. Peter Herman.

These statistics make it difficult to know whether one should be appalled by how difficult it is to achieve permanent change or astonished by the extent to which people are prepared to try again.

– Janet Polivy und C. Peter Herman

Ein Effekt der uns widersprüchliche Informationen ausblenden lässt, schlägt zu, wenn wir einmal ein Ziel haben. In der Psychologie nennen wir ihn «goal shielding» oder Zielabschirmung.Wir sind dann sozusagen immun gegen widersprüchliche Informationen und Erfahrungen. Selbst jene, die wir bereits selbst gemacht haben.19

Dann schätzen wir eine Veränderung leichter ein, als sie ist. Vielleicht schaffen die folgenden Zahlen etwas Perspektive.

1. Leichtigkeit

…attempts to rid oneself of undesirable but intrinsically rewarding behaviors such as overeating, gambling, smoking, and alcohol or drug use are common yet rarely successful.

– Janet Polivy und C. Peter Herman

The perfect is the enemy of the good.

– Voltaire

2. Schnelligkeit

Wenn wir eine schlechte Angewohnheit beseitigen, brauchen wir im Schnitt 10 Versuche.

– Janet Polivy und C. Peter Herman

3. Ausmaß

4. Auswirkung auf weitere Lebensbereiche

Wir glauben zu guter letzt das eine neue Gewohnheit mehr in unserem Leben verändert als realistisch zu erwarten ist.

Wer scheitert glaubt vielleicht er habe eine schlechte Selbstkontrolle. Was genau das ist und welche Rolle sie tatsächlich spielt zeige ich dir jetzt.

Gewohnheiten: Die Ultimative Liste der Zahlen und Fakten

Welche Rolle spielt unsere Selbstkontrolle?

Selbstkontrolle wird traditionell als Konflikt zwischen zwei inneren Parteien betrachtet. Die eine Partei versucht die andere aufzuhalten. Im besten Fall setzen sich die weitsichtigeren Absichten durch.

Das prominenteste Beispiel ist der Marshmallow-Test, indem Kinder in den Konflikt zwischen einem Marshmallow hier und jetzt oder zweien später gebracht wurden.

In diesem Sinne bedeutet Selbstkontrolle i.d. Regel die Unterdrückung schlechter Absichten. Der Psychologe Julius Kuhl spricht daher von der inneren Diktatur, wenn wir willentlich einem inneren Impuls widerstehen.40

Hier einige Befunde zur Selbstkontrolle aus aktuellen Studien.

Störbedingungen für Selbstkontrolle

Bedenkt man, dass unsere Selbstkontrolle ein sehr störanfälliger Mechanismus ist, bekommt der strategische Einsatz einen umso höheren Stellenwert. Es gibt fünf störende Faktoren für unsere Selbstkontrolle:47

Wahrscheinlich spielt zu 90% der Zeit mindestens einer dieser Faktoren eine Rolle.

Was stärkt unsere Selbstkontrolle?

  1. Meditation
  2. Sport
  3. Ernährung mit niedrigem glykämischen Index

Diese drei Dinge erfordern eine kleine Investition im Laufe des Tages. Der “ROI” (return on investment) ist aber enorm, so Kelly McGonigal, Gesundheitspsychologin und Autorin.48

Gibt es günstige Zeitpunkte für Veränderungen?

Studien beschreiben den «habit discontinuity effect».49 50 Dieser besagt, dass Ereignisse wie ein neuer Job, ein Umzug oder die Geburt eines Kindes gute Chancen für Verhaltensänderungen sind. Denn zu diesen Zeiten verschwinden natürlicherweise bestimmte Auslöser und es kommen neue.

In a study in which people reported their attempts to change some unwanted behavior, moving to a new location was mentioned in 36% of successful behavior change attempts but only in 13% of unsuccessful ones.
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Die Rolle des Unbewussten

Unser Gehirn bewertet alles was wir tun im Hinblick auf die Frage, ob es unserem Wohlbefinden gut tut oder eben nicht. Das ist weniger eine rationale Bewertung als eine emotionale. Diese Bewertungen werden laut Gerhard Roth im «emotionalen Erfahrungsgedächtnis» gespeichert und uns über das sprichwörtliche Bauchgefühl vermittelt. Das Unbewusste hat dabei immer das erste und das letzte Wort.

Eine Grundbedingung muss beachtet werden, nämlich dass dasjenige, was schließlich getan wird, im Einklang mit dem emotionalen Erfahrungsgedächtnis steht. Dies ist der Grund dafür, dass diese Instanz das erste und das letzte Wort hat. Wir müssen nämlich mit unserer Handlungsentscheidung leben können. Was wir tun, muss im Lichte unserer bewussten und insbesondere unbewussten Lebenserfahrung plausibel und gerechtfertigt erscheinen. Dies entspricht der Übereinstimmung unbewusster Motive und bewusster Ziele. Können wir dies auf Dauer nicht, werden wir psychisch krank.

– Gerhard Roth (Warum es so schwierig ist sich und andere zu ändern)

Wir müssen etwas, das uns aus dem Unbewussten aufsteigend antreibt, als Wunsch oder Bedürfnis empfinden, damit dieser Wunsch beziehungsweise dieses Bedürfnis zusammen mit der bewussten Analyse der Sachlage zu einem vernünftigen oder zumindest emotional akzeptablen Handlungsentwurf vereinigt werden kann. Geschieht dieses Bewusstwerden der Motive nicht, so ist ein solcher Abgleich nicht möglich; wir würden uns sehr wundern, dass wir eine Handlung bewusst planen, aber – aufgrund unbewusster Motive – etwas ganz Anderes tun.

– Gerhard Roth (Fühlen, Denken, Handeln)
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Was ist mit Apps?

Apps zur Verhaltensmodifikation wie Streak sind hoch im Kurs. Leider orientiert sich kaum eine App am aktuellen Wissensstand.

Katarzyna Stawarz vom UCL London hat mit ihrem Team 105 Apps untersucht und Folgendes festgestellt:56

Reminders also inhibit automaticity as the most important characteristic of habit. When the reminders are removed, people usually forget to act upon their intended goal.

Adhi Wicaksono et al.
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3 Gründe unsere Gewohnheiten in den Griff zu kriegen

Gewohnheit hat einen langweiligen Beigeschmack. Es gibt aber sehr gute Gründe seine Gewohnheiten gut im Blick zu halten.

1. Freier Kopf durch Autopiloten

Je mehr Details unserer alltäglichen Handlungen wir in die Obhut unseres Autopiloten geben können, desto mehr haben wir unseren Kopf frei für das Wichtige. Das sagte auch schon William James (1842 – 1910), Urvater der amerikanischen Psychologie:

…we must make automatic and habitual, as early as possible, as many useful actions as we can . . . The more details of our daily life we can hand over to the effortless custody of automatism, the higher mental powers of mind will be set free for their own proper work.

– William James (Principles of Psychology Vol. 1)

2. Automatisierter Wille

Studien zeigen immer wieder, dass Ziele und Absichten auf lange Sicht kaum Einfluss auf unser Verhalten haben.61

Wenn der Wille schwach wird erlauben uns unsere aber Gewohnheiten weiterhin zielorientiert vorzugehen. Das setzt natürlich voraus, dass wir die richtigen Gewohnheiten «installiert» haben. 62

3. Gewohnheiten geben uns Identität

Your identity emerges out of your habits. Every action is a vote for the type of person you wish to become.

– James Clear (Atomic Habits)

Wie gelangt eine Person zu der Einsicht, dass sie liberal, gebildet oder religiös ist?

Psychologen sagen, dass wir uns selbst in unserem Verhalten beobachten und daraus Schlüsse ziehen.

Ich verbringe viel Zeit auf der Couch, also bin ich eher faul.

Ich bin jemand, der täglich schreibt also bin ich ein Autor.

Ich bin jemand, der zweimal die Woche ins Fitnessstudio geht. Diese Termine verpasse ich nie. Ich bin sportlich und verlässlich.

Jede Handlung ist wie eine Stimme für die Art Person, die wir sein wollen.

– James Clear (frei übersetzt)

Gewohnheiten stiften Identität.

Gewohnheiten: Die Ultimative Liste der Zahlen und Fakten

Was kann ich tun, um meine Gewohnheiten zu ändern?

(In diesem Sinne kann die WOOP-Methode von Gabriele Oettingen helfen.)

Menschen in Bewegung zu bringen, geschieht vor allem dadurch, dass man sie träumen lässt und diese Träume mit den Hindernissen der Realität konfrontiert.

– Gabriele Oettingen

Die Kurzfassung

Im Grunde ist die Sache leicht beschrieben.

Wiederhole deine neue Routine im selben Kontext (d.h. Situation, Uhrzeit, etc.) bis sie sich verselbständigt und automatisch abläuft.63

Natürlich ist die Umsetzung oft schwerer, daher die folgenden Hinweise.

3 Prinzipien für neue Gewohnheiten

(1) Wiederholung

Hier gilt das Nike Mantra: »Just Do It!«

Jahrzehnte psychologischer Forschung zeigen, dass Wiederholung zu Gewohnheiten führt, so Benjamin Gardner und Kollegen.64

(2)im selben Kontext

Wie wichtig stabile Auslöser sind zeigt eine Studie, die routinierte Sportler befragt hat. 90% der Sportler mit festen Routinen hatten feste Zeiten oder Orte, die den Befragten sagen, dass es Zeit ist Sport zu treiben.65

Eine weitere Studie zeigt, dass die Einnahme von Medikamenten regelmäßiger stattfindet, wenn die Einnahme in bestehende Routinen integriert wird, bspw. beim Zähneputzen.66

(3) …mit unregelmäßigen Belohnungen

Spielautomaten sind ein gutes Beispiel für unregelmäßige Belohnungen. Die Leute versuchen es immer wieder. Manchmal gewinnen sie, manchmal verlieren sie. Dieses System ist so effektiv, dass einige Menschen Haus und Hof wegen der Spielerei verzocken.

Email und soziale Medien haben ähnliche Effekte. Die Leute checken wieder und wieder ob es was Neues gibt, aber nur manchmal gibt es wirklich eine Überraschung.

The reward is really important because that’s how your brain essentially learns to latch onto a particular pattern and make it automatic. Chocolate, after running, is an obvious example of a reward that many people enjoy. It doesn’t have to be chocolate. What matters is that if you want to make a behavior into a habit, you need to give yourself something you enjoy as soon as that behavior is done. It could be a piece of chocolate. It could be having a smoothie. It could be relaxing for 15 minutes and taking a nice shower. What’s important there is that people give themselves a reward.

– Charles Duhigg, The Power of Habit

Wenn du dich belohnen willst tu es aber nicht jedes Mal, sondern unregelmäßig.67

Uncertain rewards are most effective.

– Wendy Wood & David T. Neal

Wer die drei Prinzipien kombiniert hat die besten Chancen, wie eine Studie zur Gewichtsreduktion zeigt. Die Ergebnisse sind doppelt so gut, wenn man die drei Prinzipien kombiniert: 20 Pfunde vs. 10 Pfund Gewichtsverlust.


Zahlen und Fakten können hier überprüft werden.

3 Prinzipien gegen alte Gewohnheiten

If you don’t want to slip, don’t go where it’s slippery.

– Alcoholics Anonymous

(1) Loslösen von den Auslösern (ODER: »cue disruption«)

Oft gehen wir schlechten Gewohnheiten in ganz bestimmten Situationen nach. Wenn wir in Stress geraten werden wir vielleicht eher ausfallend. Chips werden oft auf der Couch vernascht. Wer diese Situationen und Auslöser kontrolliert hat gute Chancen seltener in schlechte Gewohnheiten zu verfallen.68

(2) Persönliche Umstrukturierung (ODER: »environmental reengineering«)

Wer weniger Chips essen will, um abzunehmen, sollte keine in Reichweite haben. D.h. sie garnicht einkaufen und eher Alternativen platzieren. Das selbe gilt für jene, die ihren Alkoholkonsum reduzieren wollen oder weniger Zeit auf den sozialen Medien verbringen wollen.

Stellt das Bier weit hinten in den Kühlschrank oder habt besser gar keins im Haus. Verbannt die sozialen Medien vom Homebildschirm.

Für neue Routinen gilt das selbe:

Wer auf der anderen Seite mehr Obst essen will sollte frisches Obst in Reichweite haben. Logisch, oder?

Stell die Laufschuhe raus, wenn du am Morgen laufen willst.

Wer mehr lesen will kann die Kindle-App bspw. auf dem Homebildschirm platzieren.

Ein Beispiel auf meinem iPhone:

Mein Home Screen 03/2020

Unter Chefköchen heißt es «Mise en Place»: alles an Ort und Stelle, damit effizient gearbeitet wird. Für uns: möglichst wenig Reibung, wenn wir neue Gewohnheiten aufbauen wollen oder möglichst viel Reibung, wenn wir schlechte Gewohnheiten brechen wollen.

(3) Sei wachsam! (ODER: »vigilant monitoring«)

Eine weitere Möglichkeit ist natürlich wachsam und mit Einsatz unserer Selbstkontrolle zu verhindern, dass wir in schlechte Gewohnheiten verfallen.

Die «Sei-wachsam-Methode» ist vielleicht die alltäglichste Variante. Das wachsame Überwachen gefährlicher Situationen wird aber auch in Studien als wirksame Methode belegt.69

Man könnte sie als Überschreiben schlechter Gewohnheiten beschreiben.70

Wenn-Dann-Pläne

Indem wir die Umsetzung unserer Pläne mittels Wenn-Dann-Plan vorbereiten ermöglichen wir unserem Unbewussten eine Situation mit einer Routine zu koppeln und folglich automatisch zu reagieren.71

Wenn-Dann-Pläne folgen immer diesem Muster: Wenn Situation X eintritt, dann tue ich Y.

Beispiel: «Wenn ich morgen früh aufwache, dann trinke zuerst ein Glas Wasser.»

Baut man sich seinen Plan in dieser sprachlichen Form, ist man in der Lage, direkt auf die Ebene der unbewussten Automatismen zuzugreifen. Dadurch können Wenn-Dann-Pläne eine Situation, die von ihrem ­Wesen her kritisch und gefährlich ist, weil sie alte Automatismen aktiviert […] im Unbewussten direkt mit dem zielführenden Verhalten verbinden.

– Maja Storch und Frank Krause (Selbstmanagement – ressourcenorientiert)

Am besten werden Wenn-Dann-Pläne kurz notiert.

Apps können an Wenn-Dann-Pläne erinnern oder im Laufe des Tages anstoßen, dass man sich überlegt wie, wo und wann man seine neue Gewohnheit festigt.72

ABC Situationen

In Teil Eins haben wir drei Situationstypen unterschieden. Wenn-Dann-Pläne können für alle drei Situationen gemacht werden:

Situationstyp A (wie automatisch): Situationen, in denen die Verwirklichung einer neuen Routine einfach und automatisch gelingt.

Situationstyp B (wie berechenbar): Situationen, in denen die Verwirklichung der Routine schwierig ist, Hindernisse aber vorhergesehen und darum vorbereitet werden können.

Situationstyp C (wie chaotisch:) Situationen, in denen die Verwirklichung schwierig ist und die außerdem überraschend eintreten und darum nicht vorbereitet werden kann.

4 Ideen für chaotische Situationen

Pain + Reflection = Progress

Ray Dalio

»Temptation Bundling«

Was wenn du deine größten Versuchungen nutzen könntest, um dir deine neuen Gewohnheiten zu versüßen?

Diesen Gedanken hatte auch Katherine Milkman, Professorin an der Universität von Pennsylvania.

Das Ergebnis ihrer Studie?

Wer bspw. seine Lieblings-Hörbücher im Fitnessstudio einsperrt und sie nur hört, wenn er auf dem Laufband schwitzt ist 29-51% häufiger im Fitnessstudio als Teilnehmer der Kontrollgruppe.

Was wir sollten wird also leichter, wenn wir es mit dem was wir wollen kombinieren. Diese Effekte lassen mit der Zeit nach. Aber aller Anfang ist ein Anfang.

Nach der Studie wollten 61% der Teilnehmer die Strategie beibehalten.73

Kleine Schritte (werden schneller zur Gewohnheit)

Kleine Schritte sind besser als keine.

Kleine Schritte werden auch schneller zur Gewohnheit, meinen Benjamin Gardner und Kollegen:74

A sedentary person, for example, would be more appropriately advised to walk one or two stops more before getting on the bus than to walk the entire route — at least for their first habit goal. Small changes can benefit health: slight adjustments to dietary intake can aid long-term weight management, and small amounts of light physical activity are more beneficial than none. Moreover, simpler actions become habitual more quickly. Additionally, behaviour change achievements, however small, can increase self-efficacy, which can in turn stimulate pursuit of further changes.

– Benjamin Gardner

Dr. BJ Fogg formuliert es noch viel leichter:

B = MAP

– BJ Fogg

Behavior = Motivation x Ability x Prompt

oder frei übersetzt:

Verhalten = Motivation x Fähigkeit x Auslöser

Die Wahrscheinlichkeit für ein Verhalten entsteht als Produkt aus Motivation, Fähigkeit und Auslöser.

Wenn ein Faktor gegen Null geht entsteht das gewünschte Verhalten nicht.

Im Sinne der kleinen Schritte heißt es die Anforderungen so gering wie möglich zu halten. Dann haben wir keinen Grund darüber nachzudenken, sondern machen einfach.

Der Autopilot liebt Routine

Man sagt Abwechslung sei die Würze des Lebens. Für die Gewohnheitsbildung ist Abwechslung aber hinderlich.

Benjamin Gardner meint Abwechslung helfe zwar gegen die Langeweile, der Autopilot übernimmt aber nicht die Routine:75

Variation may stave off boredom, but is effortful and depends on maintaining motivation, and is incompatible with development of automaticity.

– Benjamin Gardner

Der Grundgedanke bleibt also gleich: Wiederhole die selbe Sache im selben Kontext.

Verabschiedungsritual für alte Gewohnheiten

Oft hatten schlechte Gewohnheiten zu einem Zeitpunkt in unserem Leben einen guten Grund.

Sie sind wie ein alter Freund, der nicht dazu gelernt hat, so Gabor Maté.

Wenn wir die ursprünglichen guten Gründe wiederfinden, kann die Gewohnheit abdanken und wir uns verabschieden. Denn heute sind diese Gründe höchst wahrscheinlich nicht mehr treffend.

Bleibe neugierig

Die eigenen Gewohnheiten zu ändern gelingt nicht von jetzt auf gleich. Es bleibt ein Prozess. Wie Judson Brewer in seinem TED Talk beschreibt helfen Neugierde und Achtsamkeit in diesem Prozess.

Oft wissen wir das etwas gut oder schlecht ist. Das ist nicht mehr der Punkt. Vielmehr müssen wir mit allen Sinnen die Konsequenzen unserer Gewohnheiten erleben.

Zigarettenrauch in eisiger Kälte wird von vielen Rauchern hingenommen. Aber was genau war daran nochmal so schön?

Wenn wir ohne viel Nachdenken unseren Routinen nachgehen übersehen wir viel. Mit allen Sinnen zu prüfen was im hier und jetzt passiert, kann den Zauber alter Gewohnheiten nehmen. Oder den Zauber für neue Gewohnheiten schaffen, deren Vorteile ja meinst weit in der Zukunft liegen.

Bleibe also neugierig welche Erfahrungen und Veränderungen du siehst.

Gewohnheiten: Top 10 der Zahlen & Fakten

1. Eine amerikanische Studie zeigt, dass 40% vorzeitiger Todesfälle auf vermeidbare Faktoren zurückzuführen sind. Faktoren, die wir beeinflussen können, wenn wir unser Verhalten ändern.76

2. 30 – 50% unseres täglichen Handelns werden durch Gewohnheiten bestimmt!77

3. Nach 66 Tagen bilden sich Gewohnheiten, d.h. der Autopilot übernimmt die Kontrolle. Dann geschehen unsere Handlungen tendenziell automatisch, so Phillipa Lally vom University College London.78

4. Gewohnheiten haben bestimmte Auslöser, wie einen Ort oder Zeitpunkt. Routinierte Sportler konnten in einer Studie zu 90% einen solchen Auslöser benennen, wie das Joggen am Strand.79

5. Wo unsere Absichten und Ziele kurzfristig eine Rolle spielen, herrschen langfristig unsere Gewohnheiten.80

6. Wir können unsere Ziele als Gewohnheit an unseren Autopiloten delegieren und somit auch unbewusst zielstrebig handeln – selbst wenn unser Wille schwach ist. Dafür müssen unsere Ziele und Gewohnheiten natürlich übereinstimmen.81

7. Apps helfen kaum bei der Bildung von Gewohnheiten. Denn Erinnerungen und Self-Tracking haben keine Wirkung auf die Bildung von Gewohnheiten.82

8. Es ist nicht schlimm, wenn wir mal einen Tag verpassen. Zwei Tage oder eine Woche hingegen machen einen Unterschied, wenn sich Gewohnheiten bilden sollen. Daher heißt es, «never miss twice»!83

9. Wenn wir eine schlechte Angewohnheit beseitigen wollen, brauchen wir im Schnitt 10 Versuche.84

10. Die Einsicht allein, dass eine alte Gewohnheit schlecht sei oder eine mögliche Neue wirklich Vorteile bringt reicht oft nicht. Wir müssen neu und anders Handeln, damit wir emotional begreifen, was neue Gewohnheiten mit sich bringen. Ein Weitermachen wie bisher liefert ein trügerisches Gefühl der Sicherheit. Dieses zu überwinden braucht eine greifbar packende Aussicht.85

Top 4 Bücher zum Thema Gewohnheiten